Freitag, 24. März 2017

Arbeit bei der Polizei

100% Verlässlichkeit. Amelie Hlubek interviewte Stefan Weinmeister von der Polizeiinspektion Braunschweig.

Stefan Weinmeister, Polizei Braunschweig

Ehe ich zu den eigentlichen Fragen komme, vielleicht ein paar grundsätzliche Dinge zu der Polizei: Eine erste Grobgliederung ist die Unterteilung in Schutz- und Kriminalpolizei. Die Schutzpolizei wiederum ist in viele Bereiche untergliedert, zu ihr gehören die Bereitschaftspolizeien, die Wasserschutzpolizeien, die
Die Kriminalpolizei in Braunschweig gliedert sich in 6 Fachkommissariate (FK).
Das Fachkommissariat 1 ermittelt in Todes- und Vermisstensachen, bei Sexual- und Widerstandsdelikten, bei Bränden und Waffenverstößen und kümmert sich um das so genannte „Milieu“ rund um die Prostituierten.

Das FK 2 umfasst die Raubdelikte, die Einbrüche, die Betäubungsmitteldelikte, die von Personen über 18 begangen werden, die Straftaten rund um das Auto und kümmert sich um die Sachfahndung, also das Aufspüren von Gegenständen, die durch eine Straftat weggekommen sind.
Umwelt- und Beamtendelikte gehören zum Aufgabenbereich des FK 3. Weiterhin befassen sich die Beamten dort mit Wirtschaftsstraftaten und Betrug.
Das FK 4 befasst sich mit dem Staatsschutz und allen Straftaten die dem Links-, Rechts- oder Ausländerextremismus zugeordnet werden. Weiter findet sich auch hier der Bereich des Personenschutzes, falls so etwas für jemanden in Braunschweig notwendig werden würde.
der Jugendkriminalität befasst. Darüber hinaus gibt es drei Ermittlungsbereiche, die direkt der Leitung der Kriminalpolizei unterstellt sind. Hierbei handelt es sich um die Personenfahndung, das „Team Cyber Crime“ und die SoKo ZERM, die sich zentral mit der Flüchtlingskriminalität auseinandersetzt.

Das FK 5 beinhaltet den Kriminaldauerdienst zur Tatortaufnahme von Delikten, den Erkennungsdienst zur Spurensicherung und die Haftbefehlssammlung. Weiter werden hier die Kriminalakten verwaltet.
„Last but not least“ das FK 6, welches sich speziell mit Reiter- und Hundeführerstaffel und natürlich der Streifendienst. Die Kriminalpolizei befasst sich mit Ermittlungen zu bestimmten Kriminalitätsdelikten (an der Straftat orientiert) oder zu bestimmten kriminellen Personen (täterorientiert). 

Wie man erkennen kann, war ich nahezu 17 Jahre im FK 2, in den Bereichen Betäubungsmittel- und Kfz-Kriminalität tätig. Aus dieser Zeit nun die Antworten auf die gestellten Fragen.


Was muss man bei einem Einsatz alles dabeihaben?
Zunächst einmal gehört zur Grundausstattung die schusssichere Weste und die Pistole. Wir als Ermittler sind eigentlich immer in zivil unterwegs. Weiter empfiehlt es sich, das Funkgerät mitzuführen und ein Mobiltelefon für eventuelle Abklärungen vor Ort.
Natürlich benötigen wir die auszufüllenden Protokolle (Blanko-Formulare), ein Merkbuch und einen oder mehrere Kugelschreiber (falls mal einer ausfällt). Ferner brauchen wir Taschenlampen und Handschuhe, zum einen, damit wir uns bei Zugriffen nicht verletzen, aber auch Gummihandschuhe, um selbst keine Spuren am Tatort oder bei einer Durchsuchung zu legen. Wir benötigen Klemmleistenbeutel und Tüten in unterschiedlicher Größe, um Beweismittel sicher verpacken und mitnehmen zu können. Und je nach Einsatz kommen dann noch andere Dinge hinzu, die aber hier zu weit führen würden.


Was macht man wenn man nicht in einem Einsatz ist?
Die Arbeit des Ermittlers im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität findet zu einem großen Teil am Schreibtisch abseits von Observations- oder Durchsuchungseinsätzen statt. Hier findet zum Beispiel eine erste Bestimmung des Betäubungsmittels statt. Ferner müssen viele Berichte geschrieben und Zeugen oder Beschuldigte vernommen werden. Schließlich muss das Verfahren, wenn es nichts mehr zu ermitteln gibt, der Staatsanwaltschaft hier in Braunschweig übersandt werden. Dabei sind bestimmte Meldungen auch an andere Ämter, wie zum Beispiel das Straßenverkehrsamt, zu schreiben.


Wie oft ist man bei einem Einsatz dabei?
Das variiert natürlich, je nachdem, was gerade zu observieren ist oder wie viel Durchsuchungsbeschlüsse das Amtsgericht erlassen hat. Grundsätzlich gehen wir mit vier Beamten zum Beispiel zu einer Durchsuchung. Bei Observationen müssen wir noch weit mehr sein.
Insgesamt arbeiten im Fachkommissariat 2.3 (Betäubungsmittel) zehn Mitarbeiter. So ungefähr kann man sagen, dass man einmal pro Woche zu einem Einsatz, Observation oder Durchsuchung, fährt.


Ist ihr Beruf sehr gefährlich?
Ja und nein. Grundsätzlich ist der Polizeiberuf risikoreicher als viele andere Berufe. Und häufig kam es in der Vergangenheit dazu, dass Polizeibeamte während des Dienstes angegriffen wurden. Wir werden aber genau für solche Situationen ausgebildet und sind dadurch etwas besser geschützt als wenn jemanden ein Angriff unvorhergesehen trifft. Als Ermittler in Sachen Betäubungsmittelkriminalität haben wir natürlich den Vorteil, dass wir bei unseren Einsätzen agieren und nicht reagieren müssen. Das unterscheidet uns von den Streifenpolizisten. Die kommen auf eine Situation zu und müssen blitzschnell reagieren. Wir dagegen agieren und unser Gegenüber kann nur noch reagieren. Es sieht dadurch manchmal etwas gefährlicher aus, als wenn wir zum Beispiel
eine Tür gewaltsam öffnen und laut „Polizei“ rufen, als Streifenpolizist lebt man aus meiner Sicht jedoch weitaus gefährlicher.


Mochten sie ihren Beruf?
Ich gehörte nicht zu den Kindern, die schon immer zur Polizei wollten. Nach Schulabschluss 1989 stellte sich mir die Frage, was ich denn so werden könnte. In dieser Zeit erinnerte ich mich an mein Schülerpraktikum in der 11. Klasse und dachte mir, versuche es doch einfach mal bei der Polizei, so schlecht war es dort auch nicht ;-). Nach kurzer Zeit habe ich jedoch gemerkt, dass das genau "mein Ding" ist und habe meinen Entschluss nie bereut.


Hatten sie Angst vor einem Einsatz?
Ich war und bin vor jedem Einsatz natürlich etwas angespannt und konzentriert. Wir im Team überlegen uns viel mögliche Verläufe und Reaktionen von uns auf einen bestimmten Ablauf. Diese werden im Vorfeld abgesprochen. Dadurch ist es keine Angst, sondern eher eine konzentrierte Spannung. Aber, und auch das haben viele Einsätze gezeigt, meist kommt es anders
als man denkt …


Was muss man für Fähigkeiten haben, um Polizist/-in zu werden?
Die folgende Aufzählung ist bestimmt nicht abschließend und die Reihenfolge soll auch keine Wertung der Wichtigkeit sein.

Wichtig ist es, ein kommunikativer, offener Mensch mit einem Bauchgefühl für Gerechtigkeit zu ein. Man muss im Team arbeiten können und sich auf seinen Partner zu 100 % verlassen können. Und dieses muss ich meinem Partner auch gewährleisten. Ich muss eine schnelle Auffassungsgabe besitzen, damit ich schnell in Situationen agieren oder reagieren kann. Ich muss in der Lage sein, mich verständlich auszudrücken und mich dabei auch immer auf mein Gegenüber einstellen. Mit einem Rentner zum Beispiel muss ich anders sprechen als mit einem Jugendlichen. Ich muss bereit sein, Entscheidungen zu treffen und diese auch konsequent durchzusetzen. Schließlich muss sich bereit sein, anderen zu helfen und dabei unter Umständen sein Leben dafür zu riskieren.

Können sie uns von einem besonderen Einsatz erzählen, an den sie sich
erinnern können?

Besonders in Erinnerung bleiben immer die Einsätze, bei denen man nach zum Teil monatelanger Ermittlungsarbeit das „Okay“ für einen Zugriff oder eine Durchsuchung gibt und hofft, dass auch Beweismittel in der Menge gefunden werden, die man sich erhofft. Zumeist war ich in dieser Phase eben nicht vor Ort, sondern habe aus unseren Räumlichkeiten heraus die Maßnahmen koordiniert. Und die Wartezeit bis zur ersten Meldung, dass die Kollegen soweit unverletzt sind und tatsächlich etwas gefunden wurde, ist immer megaspannend gewesen. Und diese Spannung löste sich dann bald und schlug in Zufriedenheit über einen gelungenen Einsatz um. Diese Momente waren immer besonders und bleiben in Erinnerung. Einen einzelnen Einsatz besonders herauszuheben fällt, mir daher schwer.


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