Dienstag, 20. Juni 2017

Der Chef geht

Am liebsten nie mehr „Mangelhaft“. Gerhard Thamm van Balen antwortet auf Iman Sibais Fragen zum Abschied nach 17 Jahren als Schulleiter des Wilhelm-Gymnasiums.


Was wollten Sie als Kind/Jugendlicher werden?
Bei meinem Abitur 1974 hatte ich als Berufswunsch angegeben: Apotheker. Ich schwankte aber, ob ich nicht doch besser Architekt werden sollte.

Welche Fächer mochten Sie früher am liebsten/gar nicht? Und worin waren Sie am besten?
Sport fand ich immer langweilig; die tollen Möglichkeiten, die die Schulen heute bieten, gab es in den 70er Jahren nicht.
In der Oberstufe waren Mathematik, Biologie, Chemie, Musik und vor allem Kunst meine Lieblingsfächer. Am intensivsten gearbeitet habe ich für Chemie und Musik – und bekam am Ende dort auch die besten Noten.

Was haben Sie früher über Schulleiter oder Lehrer gedacht?
Wenn der Unterricht interessant war, hatte ich große Achtung vor dem jeweiligen Lehrer. Bei meinem Vater, der eine Hauptschule leitete, habe ich immer mitbekommen, dass der Lehrerberuf oft Schwerarbeit bedeutet. Ich habe aber immer auch die Freude mitbekommen, die ihm entspringt.

Erinnern Sie sich an ein schönes Erlebnis aus Ihrer eigenen Schulzeit?
Gerne erinnere ich mich an die auswärtigen Auftritte unseres Schulorchesters. In der Adventszeit und zu Ostern haben wir in den niederrheinischen Kirchen gespielt. Jedes Mal hatte mein Cello einen neuen Raumklang. Manchmal kamen professionelle Musiker dazu; das war für uns immer sehr spannend und wir versuchten unser Bestes zu geben.

Gerhard Thamm van Balen bei der Begrüßung neuer WG-Schüler (2015).
Wenn Sie noch einmal für einen Tag ein Kind sein könnten, was würden Sie am liebsten tun und wie würde dieser Tag aussehen?
Eigentlich fehlt mir kein Tag meiner Kindheit. Deshalb würde ich einen zusätzlichen Tag, glaube ich, eigentlich gar nicht haben wollen.

Was haben Sie gemacht, bevor Sie ans WG kamen?
In der Zeit davor habe ich an Gymnasien im Westen des Landes gearbeitet: in Georgsmarienhütte, Nordhorn und Löningen. Am Lehrerseminar in Meppen war ich Ausbilder für das Fach kath. Religionslehre. Als am Lehrerseminar in Braunschweig eine Ausweitung dieser Tätigkeit möglich war, habe ich mich hierher beworben und kam so im Januar 1989 nach Braunschweig. Bis zum Sommer 2000, dem Start als Schulleiter, habe ich in zwei Einrichtungen parallel gearbeitet: zum einen an den beiden Studienseminaren Braunschweig I und II für das Lehramt an Gymnasien, zum anderen – allerdings nur mit wenigen Stunden – als Fachlehrer am WG.

Was hat sich verändert, als Sie Direktor am WG wurden?
Das bewährte WG-Lernangebot wurde beibehalten und gepflegt, neue Konzepte und Angebote kamen hinzu: Der Lauf durch die neun Schuljahre wurde modularisiert, die Förderung der Schülerinnen und Schüler individualisiert. Besonders interessierte und begabte Kindern und Jugendlichen erhielten eine spezielle Förderung (Hochbegabungsförderung). Methodenlernen, Medienkompetenztraining und Schülerberatung wurden intensiviert. Die Schule führte die Profilmittelstufe mit Schwerpunktbildung im sprachlichen sowie im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich ein, erneuerte und erweiterte das Fremdsprachenangebot in den Alten und Neuen Sprachen, entwickelte und vernetzte die MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) bis hin zum MINT-Excellence-Status, erweiterte das musisch-künstlerische Angebot, u.a. durch Einrichtung der Chorklasse. Digital unterstütztes Lernen rückte in den Focus der Aufmerksamkeit, ein Digitales Klassenzimmer wurde gegründet. Kooperationen verbanden die Schule mit neuen externen Partnern  (TU Braunschweig, DLR Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Braunschweigisches Landesmuseum, Museum für Photographie u. v. a.). Die WG-Teilnahme an besonderen Wettbewerben wurde ausgebaut. Das künstlerisch-musisch-kulturelle Schulleben entwickelte neue Formate. Im Sport steigerten sich ein weiteres Mal die Sparten Ski-Langlauf und Kanu. Der Ganztag expandierte, ebenso wuchs der internationale Austausch. Vieles Weitere wäre noch zu nennen. Das WG ist eine dynamische Schule mit sicherem Blick für das Bewahrenswerte und mit Mut und Ausdauer, wenn es um Neues geht.

Gibt es etwas am WG, das Sie gerne noch geschafft oder geändert hätten?
Ich wünsche mir einen Zeugnistermin, an dem in den Zeugnissen der Jahrgänge 5 bis 10 kein „Mangelhaft“ auftaucht. Nach den Zeugniskonferenzen der letzten Woche kann ich sagen: Wir sind sehr nah dran!
Für das Ganztagsangebot hoffe ich auf eine AG Jollensegeln plus Segelwoche auf dem Steinhuder Meer mit viel Spaß auf dem Wasser und einer erfolgreichen Segelschein-Prüfung am Schluss.

Gibt es etwas, was Sie als Direktor im Rückblick lieber anders gemacht hätten?
Unsere Austauschschulen in Griechenland und den USA habe ich besucht. Bis zu den Partnern in Frankreich und Polen bin ich leider nicht gekommen. Die Zeit hätte ich mir nehmen sollen.

Was werden Sie am meisten an unserer Schule vermissen?
Die Stimmen der Schülerinnen und Schüler, ihre Zuversicht und ihr Lachen. – Und ebenso: den Schwung unserer Lehrerinnen und Lehrer und ihre Parteinahme für die Schülerschaft.

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
Noch gibt es keine Pläne. Eines Tages werden vielleicht welche entstehen.


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