Mittwoch, 24. Januar 2018

Recyclingfirma Elpro

Einer kommt mit zwei Handys im Fahrradkorb, der andere mit fünf alten Waschmaschinen. Jan-Marten Kleine-Besten berichtet vom Weg seiner alten Computermaus in der Firma ELPRO Umweltservice Braunschweig und befragt Marianne von Bormann, seit der Firmenneugründung am 31. Mai 2016 ELPRO-Geschäftsführerin


ELPRO-Annahmestelle, Hannoversche Straße 66A.
Die Reise meiner Computermaus auf dem Recyclinghof
Habt ihr euch eigentlich schon einmal gefragt, wo eure kaputte Computermaus oder andere alte oder defekte Elektrogeräte landen? Egal, wie groß ein altes Elektronikgerät ist, es sollte nicht in die normale Restabfalltonne gelangen. Denn in allen Elektronikgeräten sind seltene Metalle verbaut, wie zum Beispiel Silber, Wolfram oder Gold. In einem modernen Smartphone, welches ein Durchschnittsgewicht von 140 Gramm hat, sind ungefähr 1,4 Gramm dieser seltenen Komponenten eingebaut. In Zeiten immer knapper werdender Ressourcen werden Metalle und Kunststoffe von Recyclingunternehmen, wie zum Beispiel der Firma ELPRO aus Braunschweig, aus den Geräten entnommen und die giftigen Bestandteile, wie zum Beispiel Batterien, entfernt und getrennt entsorgt. Ich habe mir selbst ein Bild von diesem Recyclingprozess bei der Firma ELPRO in der Hannoverschen Straße Braunschweig gemacht und möchte euch in diesem Artikel mit auf eine Reise in diese Welt mitnehmen. Ich habe mich dafür an einem Samstagmorgen mit einer defekten Computermaus unter dem Arm mit der Chefin, Mariann von Bormann, verabredet.
Kabel: Rohstoffe, nichts für den Hausmüll.
1. Zunächst wurde meine defekte Computermaus an der Annahmestelle von einem freundlichen Mitarbeiter entgegengenommen. An dieser Stelle werden Geräte in verschiedene Sorten grob vorsortiert, zum Beispiel Waschmaschinen in „weiße Ware“ oder Toaster in den Behälter Haushaltskleingeräte. Bei Geräten, die Batterien oder Akkus enthalten, werden diese entfernt und in getrennten Boxen gesammelt. An diesem Standort könnt ihr auch nur eure alten Batterien oder Akkus unkompliziert und kostenlos abgeben, da auch diese nicht in den normalen Restmüll gelangen sollten. Denn sie enthalten wertvolle Rohstoffe und außerdem Gifte, die nicht ins Grundwasser gelangen dürfen.
Arbeitsplatz zum Entfernen des Kabels meiner Computermaus.
2. Als Nächstes wurden die Einzelteile meiner Computermaus von einem feuerroten Gabelstapler abgeholt und in einer anderen Halle in einen großen Trichter geschüttet. Ich war ganz erstaunt, als ich meine PC-Maus dann auf einem Laufband vor meinen Augen entlanglaufen sah. Die einzelnen Geräte werden an diesem Platz unter einer großen Dunstabzugshaube aufgeschraubt, und die schwarzen Kunststoffteile werden entfernt. Das Laufband bewegt sich weiter zu zwei Tischen, wo nacheinander alle Stofffraktionen, wie um Beispiel Glas, aus den Geräten entnommen und in viele Gitterboxen befördert werden, die in der ganzen Halle verteilt sind.
Gehäuse meiner Computermaus, gelagert für das weitere Recycling.
3. Vor der nächsten Halle konnte ich blaue Fässer sehen. Frau von Bormann erklärte mir, dass darin die chemischen Substanzen, zum Beispiel FCKW (Fluorchlorkohlenwasserstoffe) aus Kühlgeräten, gelagert werden. Auf einem angrenzenden etwas erhöht liegenden Hof lagern viele einzeln sortierte Wertstoffe, die von anderen Unternehmen aufgekauft werden und wieder in neue Produkte verbaut werden. Kunststoffe, wie das oft in Elektrogeräten verbaute Polypropylen, werden zu sogenanntem Recyclat, also kleinen Plastikkügelchen geformt und zum Beispiel zu neuen Blumentöpfen verarbeitet. Metalle wie Aluminium werden bei einem hohen Preis für derzeit etwa 1,80 Euro pro Kilogramm an Metallgießwerke verkauft und anschließend wieder zu neuen Metallprodukten gefertigt.
Klein, aber Wertstoff.
Die Firma ELPRO recycelt nicht nur meine Computermaus oder andere Elektrogeräte, sondern auch Produkte von großen Automobilherstellern oder anderen Firmen. Auch die grasgrünen Transformatoren, die in Elektroumspannwerken verbaut sind, werden bei ELPRO recycelt. Ich war überrascht, dass aus einem solchen Transformator im Verlauf des Recyclingkreislaufs zum Beispiel eine Cola-Flasche entstehen kann.
Demontagehalle.  
Mich hat es fasziniert, was aus alten Elektrogeräten entstehen kann. So können pro Jahr in ganz Deutschland 16,5 Mio. Tonnen an Stahl und Eisen dem weiteren Recycling in einem Stahlwerk zugeführt werden oder 300.000 kg Gold, das entspricht 11 % der Welt-Gold-Produktion. Anders als bei Kunststoffen oder Papier verändert sich die Qualität von Metallen beim Recycling nicht und dieser Kreislauf kann unendlich lange funktionieren, solange der Letztnutzer sein Gerät zum Recyclinghof in seiner Region oder Kommune bringt, damit die Zahl der jährlich 40 Mio. Tonnen im Restabfall landenden Wertstoffe in Deutschland sinkt. Dieser Kreislauf des Recyclings kann nur funktionieren, wenn jeder seine alten Elektronikgeräte zu Sammelstellen bringt. Mir hat der Besuch bei der Firma ELPRO Umweltsercive GmbH gezeigt, wie wichtig das Recycling von alten Elektronikgeräten ist und wie viele Ressourcen ansonsten verschwendet werden. Ich bedanke mich bei Frau von Bormann und allen Mitarbeitern für die Unterstützung für diesen Artikel.


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Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
Ich bin hier quasi die, die alles leitet, die dafür sorgt, dass Material auf den Hof kommt. Als Geschäftsführerin ist man letztendlich für alles verantwortlich. Man muss natürlich überlegen, wo steht man in fünf Jahren, wie kann man die Firma in die Zukunft führen. Grober Alltag ist hauptsächlich der Einkauf, aber auch die Zahlen, was verdienen wir im Moment, passt das, passt das nicht, und wenn es nicht passt, wie kann ich das ändern. Das kann man nicht immer selber beeinflussen. Manchmal kommen von außen neue Gesetze oder das Material ist weniger wert, als es vorher war, dann muss man sich überlegen, wie man darauf regiert.
ELPRO-Geschäftsführerin Marianne von Bormann

Was war Ihr Hauptgrund, warum Sie bei der Firma ELPRO Braunschweig angefangen haben?
Ich habe schon mal eine Firma aus der Insolvenz geführt. Das ist meine Hauptaufgabe, zu schauen, dass es dieser Firma wieder gut geht.

Was war Ihr schönster Tag bei der Firma ELPRO?
Mein schönster Tag war eigentlich unsere erste Weihnachtsfeier. Da waren wir schon knapp sieben Monate im Betrieb letztes Jahr, hatten noch nicht so viel Geld übrig, aber ich habe gedacht, dass man sich trotzdem zusammensetzt, und ich würde sagen, das war sehr gelungen, die Leute hatten viel Spaß und das Essen war gut.

Was fasziniert Sie an Ihrer Arbeit?
Zum einen gefällt es mir, dass ich was für die Umwelt mache. Es ist auch sehr abwechslungsreich, weil wir so viele Sachen bekommen und man so vieles Verschiedene muss. Kein Tag ist wie der andere. Es kommen auch manchmal ganz seltsame Sachen hier an, wo man gar nicht weiß, was man mit denen machen soll. Manche Leute denken einfach nicht nach, denen ist es einfach egal, wie schlimm das jetzt für einen Mitarbeiter ist, der muss das dann nämlich ausräumen, der arme Mensch. Und man kann sich vorstellen, wie das riecht: ein Käse, der seit drei Wochen in einem Kühlschrank liegt.Das Faszinierende ist einfach, dass, ich sage mal, aus ein alter Fernseher zum Teil zu einer Cola-Flasche wird. Und so ist das bei allen Dingen, die wir hier machen. Die meisten Sachen werden ganz andere Sachen am Ende des Tages.

Wodurch zeichnet sich die Firma ELPRO am meisten aus?
Es ist noch ein sehr kleiner Betrieb mit dreißig Mitarbeitern. Wir hören oft, dass das alles sehr unkompliziert ist, wir bekommen auch oft Lob, dass die Mitarbeiter dort vorne sehr nett sein. Das ist kein großer Konzern, wo alles so ein bisschen anonym läuft.

Wie kann ich als Privatperson meinen Elektronikabfall bei Ihnen abgeben?
Das ist ziemlich simpel. Während der Annahmezeit steht da immer jemand, und wenn man sagt, ich will zum Beispiel nach der Arbeit so um 19:00 Uhr meine Sachen los werden, dann kann man sie hier auch in die Gitterboxen reinlegen. Wobei man leider sagen muss, dort wird auch viel geklaut, das können wir leider nicht verhindern.
Sogenannte ,weiße Ware'.
Wie ist das Einzugsgebiet der Firma ELPRO?
Das Einzugsgebiet der Firma ELPRO ist zweigeteilt, ich sage mal, die private Warenannahme ist mehr oder und minder auf Braunschweig beschränkt. Manche Leute, die hier zum Baumarkt fahren, nehmen dann ihr Altgeräte mit. Es kann auch mal sein, dass jemand aus Peine kommt oder aus Wolfenbüttel. Wir holen aber auch ab, hauptsächlich so plus minus im Kreis von 100 km. Weil wir von Volkswagen den E-Schrott machen, holen wir den aber auch von Audi in Ingolstadt ab. Außerdem haben wir noch die Abteilung Industrieller Rückbau, das ist deutschlandweit. Unser letzter großer Auftrag war zum Beispiel in Karlsruhe. Privat kommt aber niemand aus Düsseldorf zu uns und bringt seinen Toaster hierher.

Wie groß ist der Umsatz der Firma ELPRO?
Letztes Jahr war für uns nur so ein kleines Rumpfjahr, von sieben Monaten. Da hatten wir ungefähr eine Millionen, und wir denken, dass wir dieses Jahr so auf zwei Millionen Umsatz kommen.

Wie viel Umsatz und dadurch Gewinn hat Ihre Firma in der letzten Zeit?
Also ich muss ganz ehrlich sagen, wir sind jetzt noch in unserer Konsolidierungsphase. Letztes Jahr hatten wir einen Gewinn von 40.000. Dieses Jahr ist ein ziemlich kompliziertes Jahr. So wird es nicht viel mehr sein.
Aufbereitete Wertstoffe als Rohstoff für neue Produkte.
Wie könnte das Elektronikrecycling bei der Firma ELPRO in Zukunft aussehen?
Also ich denke, dass wir uns als Erstbehandler darauf konzentrieren werden, die Schadstoffe rauszuholen, damit dann die nächsten Aufbereitungsanlagen keine Schwierigkeiten haben. Damit sich das Quecksilber nicht im ganzen Schredder verbreitet. Außerdem der Industrielle Rückbau. Wir sind in Deutschland ja gerade dabei, die Energieversorgung umzubauen. In diesem Rahmen werden viele alte Anlagen abgebaut. Das ist quasi das zweite Standbein der Firma ELPRO.
Werden die Aufgaben des Menschen in Zukunft eher wichtiger oder nehmen sie eher ab?
Ich würde sagen sowohl als auch. Es wird immer Aufgaben geben, wo es sich einfach nicht lohnt, Maschinen für zu entwickeln. Der Mensch wird immer ein Teil sein, aber die Sortiermaschinen werden immer präziser und schneller.

Spürt man durch die Digitalisierung in eine Veränderung in Ihren Aufgabenbereichen?
Jetzt nicht unbedingt Digitalisierung, aber wir machen mittlerweile vieles über den Computer, z. B. wenn wir von gefährlichen Abfällen reden, da braucht man einen Entsorgungsnachweis. Das geht heute alles über Computer. Man hat immer noch Papiere, aber letztendlich schreibt man per Internet, es ist zur Abholung da, die Spedition schreibt, ich habe es abgeholt, und wir schreiben, wir haben es empfangen.Was wir eher merken, ist die Schnelllebigkeit. Also wir merken, dass die Geräte immer jünger werden. Heute hat kein Mensch mehr 20 Jahre den gleichen Fernseher oder die gleiche Waschmaschine, den gleichen Computer schon überhaupt nicht, den kann man meistens nach fünf Jahren schon wegschmeißen. Früher hat man einen Föhn vielleicht noch repariert, heute wirft man ihn weg und kauft bei Tchibo einen neuen für zehn Euro. Kein Mensch repariert seinen Föhn mehr oder seinen Toaster.

Warum hat die Firma ELPRO Ihren Standort in Braunschweig?
Das hat historische Gründe, der Gründer von ELPRO lebt halt hier und hat in Braunschweig seine Firma gegründet. Und wir haben hier an der Hannoverschen Straße zwei Vorteile: Wir sind nah an der Autobahn, also die Leute kommen schnell zu uns, und natürlich ist es auch praktisch, dass das Bauhaus um die Ecke ist, denn wenn man sich einen neuen Rasenmäher kauft, kann am gleich den alten hier abgeben.
Demontage von Fernsehern.
Kann man ungefähr einen Prozentsatz ausmachen, wie dass recycelte Material verteilt ist in Privathaushalten und Geschäftskunden?
Das haben wir so nie erfasst. Aber es ist wohl ganz gemischt. Es kommen hier Leute mit ihrem Fahrrad an und haben vorne zwei Handys drin, und es kommt hier einer her, der hat seinen Keller ausgeräumt und kommt jetzt mit fünf Waschmaschinen an, die er da Jahrzehnte einfach in den Keller geschmissen hat, also das ist ganz unterschiedlich.

Wie sieht die Historie der Firma ELPRO aus?
Da bin ich ein bisschen die falsche Person, weil ich erst sein anderthalb Jahren hier bin. Es gab in der Hansestraße 2011 einen Schredder. Man dachte, es sei eine gute Idee, von der händischen Zerlegung wegzukommen, hin zur industriellen Zerlegung. Diese Investition hat aber nicht so funktioniert wie gedacht, war also mit ein Grund für die Insolvenz, und ist deswegen auch stillgelegt worden. So wurde alles, was in der Hansestraße stand, in die Türkei verkauft.
Anfang der 90er ging das hier mal los mit kleinem Equipment, und dann hat man 2011, weil die Geschäfte sehr gut liefen, mit industrieller Aufbereitung angefangen. Aber solche Investitionen sind sehr teuer, und das ist für einen kleinen mittelständigen Betrieb sehr schwierig, und dann braucht es auch relativ lange, bis es so funktioniert. Eine Küche kannst du so kaufen und dann funktioniert sie, weil das schon seit 20 Jahren gebaut wird. Im ganzen Bereich Recycling aber verändert sich sehr viel, und es gibt viele unterschiedliche Maschinen, die noch nicht ausgereift sind. Also das, würde ich sagen, war ein großer Einschnitt, diese Investition in den Schredder.

Fotos: Jan-Marten Kleine-Besten; privat.







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